Lyon, je t’aime!
von Charlotte, die ihr Auslandstrimester an der Université Catholique de Lyon verbringt
Die Sonne scheint, es riecht nach Süden. Um mich herum erheben sich imposante Häuser, die man wahrscheinlich gar nicht lange genug bewundern kann. Ich bin angekommen im zweiten Arrondissement in Lyon, meinem Zuhause für die nächsten vier Monate.
Den Wunsch, mein Auslandstrimester in Lyon zu verbringen habe ich vor allem den mitreißenden Erzählungen einer Freundin zu verdanken, die ein Jahr hier verbracht hat. Die Stadt Lyon war mir bis dahin überhaupt nicht in den Sinn gekommen. Das geht sicher vielen so – natürlich besucht man Paris, aber Lyon? Dabei hat die Stadt so viel zu bieten und verliebt in mein neues Zuhause war ich schon nach den ersten paar Tagen.
Orientieren kann man sich perfekt an den beiden Flüssen, die der Stadt einen ganz besonderen Rahmen geben, der Rhône und der Saône. Außerdem gibt es zwei Hügel, Fourvière und Croix-Rousse. Auf ersterem erhebt sich die beeindruckende Basilika „Notre-Dame de Fourvière.“ Diese zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörende Basilika ist nicht nur aufgrund ihres beeindruckenden Erscheinungsbilds, sondern auch aufgrund ihrer Lage eines der Wahrzeichen Lyons.
Auf dem zweiten Hügel liegt der gleichnamige Stadtteil Croix-Rousse. Croix-Rousse und vor allem die „Pentes de la Croix-Rousse“ sind das hippe Viertel, die Schanze von Lyon. Hier sind Street-Art-Künstler zuhause, abends öffnen an jeder Ecke Bars, sodass man sich wunderbar von dem Lachen der Menschen und dem Klirren der Gläser leiten lassen kann. Die Franzosen, so habe ich den Eindruck, gehen jeden Abend aus. Die Straßen sind immer voll und mein französischer Mitbewohner trinkt auch jeden Abend „juste une verre“ mit seinen Freunden. Ja, man merkt, dass die französische, lockere Art zu leben mehr als nur ein Klischee ist.
Was man in sonst kaum einer anderen Stadt findet, sind die sogenannten „Traboules“. Diese kleinen und engen Passagen ermöglichen es, durch den Häuserblock hindurch von einer Straße zur anderen zu gelangen. So kann es sein, dass man während des Erkundens der Stadt eine Tür findet, durch die man in eine Traboule gelangt und so auf diesem Wege eine Abkürzung nehmen kann. Viele der Traboules sind privat, doch einige sind stets auch für die Öffentlichkeit geöffnet. In Croix-Rousse findet man viele solcher Traboules und verwinkelter Gassen, die ganz maßgeblich den Charme des Viertels ausmachen. Interessant zu wissen: Die Traboules wurden angelegt, damit die Seidenweber, für die Lyon zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert sehr bekannt war, ihre Stoffe schneller und vor Regen geschützt transportieren konnten.
Lyon gilt als Hauptstadt der Gastronomie von Frankreich und vielleicht sogar der ganzen Welt. Und das zurecht! Aufgrund der umliegenden Regionen, die optimale Bedingungen für den Anbau und die Herstellung verschiedener Lebensmittel bieten, wird in Lyon vorzüglich gespeist. Nicht ohne Grund hat der berühmte Koch Paul Bocuse seine Lebenszeit in Lyon verbracht und dort mit seinen Kochkünsten die Gourmets verzaubert. Sein Restaurant wird seit 1965 jedes Jahr erneut mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Aber natürlich ist Paul Bocuse nicht allein der Grund für die hervorragende Küche: Jeden Tag findet man in der Stadt mehrere Märkte. Stundenlang über diese Märkte zu schlendern ist herrlich! Man hat die Qual der Wahl: An welchem Stadt sehen die Tomaten am schönsten aus? Welcher Käse schmeckt am besten? Auf jeden Fall geht man nie mit leeren Taschen nach Hause und ist schon vom Probieren satt geworden.
Die Partner-Uni der Law School ist die sehr zentral gelegene Université Catholique de Lyon. Sie hat zwei einen Haupt- und einen Nebencampus. Das Gebäude, in dem sich auch die juristische Fakultät befindet, ist noch neu sehr modern – bis vor ein paar Jahren war dort sogar noch ein Gefängnis!
Gleich in der ersten Vorlesung merkt man, wie anders das französische System ist. Im Vergleich zu dem Studium in Deutschland, wird in Frankreich viel weniger interaktiv gearbeitet. In den Vorlesungen redet ein Professor zwei Stunden lang ununterbrochen am Stück und die Studenten tippen fleißig jedes Wort mit. Ich konnte anfangs meinen Augen und Ohren nicht trauen. An den anderen Vorlesungsstil muss man sich erst einmal gewöhnen.
Verloren geht man an der Uni jedenfalls gewiss nicht. Sie ist mit ca. 11.000 Studenten zwar um einiges größer als die Law School, aber die Mitarbeiter im International Office haben immer ein offenes Ohr, wenn es Probleme gibt und es werden auch einige Veranstaltungen angeboten, um den Einstieg zu erleichtern und Leute kennenzulernen. So gibt es z.B. auch ein Buddy-Programm. Wenn man also mag, hat man auf diesem Weg gleich einen französischen Ansprechpartner.
Vorstellen muss ich unbedingt auch das „Piscine du Rhône“ – ein Freibad direkt neben der Rhône! Als Schwimmbegeisterte bin ich wirklich fasziniert von diesem tollen Bad. Es ist das ganze Jahr geöffnet, im Winter wird es beheizt. Was gibt es Schöneres, als bei Sonnenuntergang ein paar Bahnen zu ziehen?
Dank der Lage Lyons bietet es sich auch an, die Côte d’Azur zu besuchen. Nach knapp 2 ½ Stunden Zugfahrt kann man schon das Meer sehen. Vor allem die Calanques von Cassis und La Ciotat sind ein echter Geheimtipp: Kleine Buchten in denen das Wasser so klar und türkisfarben ist, dass man meinen könnte, man sei im Paradies.
Ein Monat ist nun schon vorbei, es wird langsam etwas herbstlicher in Lyon. In nächster Zeit finden einige Veranstaltungen rund um die Gebrüder Lumière statt, die in Lyon gelebt haben. Hier werden der Geist und das Werk der Gebrüder Lumière am Leben erhalten: Zum einen gibt es im Oktober das „Festival Lumière“ und zum anderen wird Anfang Dezember die „Fête de Lumière“. Bei dem Festival werden über eine Woche lang die unterschiedlichsten Filme in mehreren Kinos gezeigt. Die „Fête de Lumière“ hingegen ist ein Fest des Lichtes – vier Tage lang wird Lyon in einem anderen Licht erstrahlen, besondere Projektionen werden an Gebäuden gezeigt. Von diesem Spektakel habe ich nun schon so viel gehört – die Erwartungen sind groß!
Doch bis dahin ist noch Zeit, erst einmal freue ich mich auf den goldenen Herbst in Lyon und bin gespannt, was ich noch alles hier erleben darf.