Von Paris nach Marrakesch

von Eva, die ihr Auslandstrimester an der Sciences Po in Paris verbringt

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Gerade eingelebt in der wunderschönen französischen Hauptstadt, packte mich und eine Gruppe anderer Austauschstudenten auch schon wieder das Reisefieber. Deshalb nutzten wir die mid-term break, um nach Marokko zu reisen.

Bereits am Flughafen in Marrakesch fiel sofort auf, dass hier so einiges anders läuft als im behüteten Frankreich. Nicht nur herrschen sogar im Herbst Temperaturen nahe der 40°-Grenze, auch konnten wir unter den Wartenden kaum eine Frau entdecken, die nicht zumindest in ein Kopftuch gehüllt war – der Islam als Staatsreligion prägt das alltägliche Leben in Marokko.

Dies wird auch auf dem Djemaa el Fna, dem weltberühmten mittelalterlichen Marktplatz als Hauptattraktion der Stadt, deutlich. Während hier tagsüber Gaukler und Schlangenbeschwörer die zahlreichen Touristen zu beeindrucken wissen, verwandelt sich der Platz gegen Abend in einen riesigen Basar mit unzähligen gemütlichen Essensständen. Nach und nach füllt er sich mit Einheimischen, die tagsüber die brennende Hitze meiden. Doch auch hier trifft sich fast ausschließlich die männliche Bevölkerung.

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Ein weitere Attraktion der Stadt sind die berühmten Souks, verwinkelte Gassen, in denen Händler neben Händler ihre landestypischen Waren verkaufen. Das obligatorische Verhandeln um den besten Preis kann hier zur echten Leidenschaft werden und mit etwas Geschick lässt sich der Reisekoffer schnell mit preisgünstigen Schals, Gewürzen, Lederwaren oder Teppichen füllen.

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Nach einigen aufregenden Tagen in Marrakesch starteten wir zu einer zweitägigen Exkursion in die Sahara. Eine sehr lange und vor allem kurvenreiche Busfahrt durch die Gebirge Marokkos später, kamen wir am frühen Abend in einem kleinen, am Rande der Sahara gelegenen Dorf an, wo uns einige Einheimische empfingen. Auch die Kamele, mit denen wir unsere Reise fortsetzen würden, warteten schon mehr oder minder freudig auf den Ritt. Dieser dauert ca. 1,5 Stunden und verlangte echtes Durchhaltevermögen. Die Lage der Höcker führt nicht nur zu einer sehr unbequemen Sitzposition, auch der Bewegungsablauf der Tiere ist wenig flüssig. Hier habe ich zum ersten Mal verstanden, weshalb mir vorher zur Mitnahme von Medikamenten gegen Seekrankheit geraten wurde.

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Die Nacht verbrachten wir in einem Camp, einem Nachtlager mit einigen Zelten für Besucher. Hier wurde uns von den Gastgebern am Abend sogar ein traditionell gekochtes Menü serviert. Es war eine tolle Erfahrung, wie offen wir von den Berbern empfangen wurden. Während der Nacht erklärten sie uns bis in die Morgenstunden die Sternenbilder, die man hier klar wie kaum anderswo erkennen kann und erzählten uns von ihrem Leben in der Sahara. Ohne je eine Schule besucht zu haben, verfügen sie über ein sehr anderes Wissen als wir. Schon als wir über unsere verschiedenen Herkunftsländer sprachen, war es für mich etwas erschreckend, dass sie sehr realitätsfremde Vorstellungen von der Lage der Kontinente haben. Andererseits wissen sie die Zeit und ihre Lage nach der Stellung der Sonne und der Sterne aufs Genaueste zu bestimmen und finden sich selbst bei schwersten Sandstürmen in der Wüste immer zurecht. Sich den Zwängen eines Lebens in der Großstadt zu unterwerfen, kommt für sie nicht in Frage.

Am nächsten Tag wurden wir dann kurz vor Sonnenaufgang geweckt und konnten so mit den ersten Sonnenstrahlen zurück ins Dorf reiten. Von dort ging es zurück nach Marrakesch, wo wir den letzten Abend noch ruhig ausklingen lassen konnten, um am nächsten Morgen früh den Flieger zurück nach Paris zu bekommen. Dort angekommen, fühle ich mich schon fast wie zuhause und schlendere, mit frischem Baguette unter dem Arm und Croissant in der Hand, durch die historischen Gassen von Paris.