Non parlo italiano
von Sue, die ihr Auslandstrimester an der Bocconi University in Mailand verbringt
Die latente Angst, jeden Moment überfahren werden zu können und die omnipräsente Frage, ob die neben dir in der Straßenbahn telefonierende Person gerade jemandem den Tod wünscht oder sich bloß über das Wetter unterhält.
Mailand, Italien.
Ohne die geringsten Sprachkenntnisse aber mit der naiven Hoffnung, mit Englisch schon ‚irgendwie durchkommen zu können‘, machte ich mich auf den Weg in das Land der pizza, pasta und amore (tatsächlich wohl einfach das Land des Aperol Spritz, doch dazu später mehr).
Bereits in der ersten Woche wurde ich mit beinahe unüberwindbaren Sprachbarrieren konfrontiert. Hier ein klassisches Beispiel aus dem Supermarkt:
Tag 1: „Sacchetta?“ („Tüte?“) – „Non parlo italiano.“
Tag 2: „Sacchetta?“ - „No, grazie.“
Ein italienischer Satz, der meiner aktuellen Vermutung nach so viel heißt wie: „Haben Sie eine Kundenkarte?“ „Non parlo italiano“
Und dazu der irritierte Blick der Verkäuferin, der nichts anderes sagt, als: Kind, du hast mir gerade noch auf italienisch geantwortet.
Ich folge grundsätzlich dem Prinzip ‚learning by doing‘, wahlweise auch umformuliert in ‚learning by suffering‘, so weiß ich nun beispielsweise, was „Bis morgen um 15 Uhr können Sie ihre Toilette nicht benutzen“ und „in deinem Zimmer hast du kein Wlan“ auf italienisch bedeutet.
In Mailand und wohl in Italien grundsätzlich hat man einen klasse Ausblick, die Menschen hier sind nämlich schrecklich klein. Meine 1,60m „große“ Mitbewohnerin Federica bezeichnet sich und ihre gesamten sizilianischen Landesgenossen gerne als Schneewittchens Zwerge und ungefähr diesen Eindruck bekommt man auch, wenn man als deutsches, 1,75m langes Weißbrot an der Tram-Station steht und dabei im besten Fall noch hohe Schuhe trägt.
Ein wahnsinnig tolles Erlebnis ist definitiv der italienische ‚Aperitivo‘ – 10€ in beinahe jeder Bar für einen Drink und ein Antipastibuffet satt. Anschließend findet man sich oft bei einem Phänomen wieder, das ich als Norddeutsche nicht anders bezeichnen könnte als „gehobenes Cornern“: Aufgebrezelt wie auf dem Weg in den Armani Prive-Club (stilecht tragen die meisten Clubs hier Modemarken in ihren Namen) stehen junge Milanesen mit einem Aperol Spritz in der Hand vor den Bars der Stadt und vertreiben sich die Zeit.
Noch mehr Spaß machen würde das Ganze zwar, wenn man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln auch nach 2 Uhr nachts noch besser nach Hause käme als durch den sehr sporadisch und nur am Wochenende fahrenden Nachtbus, aber da man sich trotz der temperamentvollen Sprechart hierzulande doch in Gelassenheit übt, macht einem auch das nach einer Weile nichts mehr aus.
Selbst wenn man also in der vergangenen Nacht kaum geschlafen hat, weil man für den Nachhauseweg länger gebraucht hat, als erwartet, bleibt einem noch der schönste Lichtblick, den Italien zu bieten hat: Caffè. (Praxistipp: Bestellt man „un caffè“, bedeutet das automatisch Espresso. Eine andere Art von Kaffee kann man zwar bestellen, jedoch outet man sich damit direkt als quasi-Kulturbanause)
Ich bin in meiner Zeit hier jetzt bereits mit vielen Menschen über die Kaffeekultur in diesem wunderbaren Land in’s Gespräch gekommen und wir alle sind uns einig: Schlechter Kaffee ist hier schwer zu finden. An der Bocconi (irgendwie muss ich den universitären Aspekt meines Aufenthalts wohl in diesen Bericht einbinden) gibt es mehrere der in Deutschland voll und ganz verschmähten Kaffee-Münz-Automaten. Für 25ct erhält man hier einen Espresso und mamma mia, te lo dico io: Er schmeckt.
Mehr brauche ich zu diesem Thema wohl nicht zu sagen.
Um auch das nochmal kurz erwähnt zu haben: Pizza und Pasta schmecken super, was hätte man auch anderes erwartet.
Ansonsten möchte mich an dieser Stelle nur noch im Voraus bei meinen Mitmenschen in Deutschland entschuldigen: Die Pünktlichkeit werde ich nach meiner Rückkehr wohl erst wieder erlernen müssen.
Eigentlich hatte ich meinen Bericht an dieser Stelle bereits beendet aber mir ist noch etwas sehr Relevantes eingefallen, das ich niemandem vorenthalten möchte: Bier. Gibt es. Hier. Nur.
In D r e i e r p a c k s.