von Magdalena, die ihr Auslandstrimester an der Fudan University in Shanghai verbringt
Mission accomplished – wir können jetzt offiziell behaupten einen der "very famous"-Orte besucht zu haben, der auf einer Währung abgebildet ist: die Umgebung des Xing Ping Village, die man auf dem 20-Yuan-Schein sehen kann. Allerdings war das erst das Ende eines Trips, der uns zwei extrem verschiedene Seiten von China hat sehen lassen – die tropischen Strände von Hainan auf der einen und die Berglandschaft um Guilin auf der anderen Seite.
Angefangen hat alles eher holprig mit einem verpassten Flug. Wer nämlich der Meinung ist, man könnte sich in China auf die Aussagen der Flugbegleiter am Gate verlassen, dass der Flieger mindestens zwei Stunden Verspätung hat, und sich für 20 Minuten vom Gate entfernt, wird enttäuscht. Von unserem Flugziel Sanya zogen wir nach einem Tag weiter in die Riyue Wan (die Sonne-und-Mond-Bucht), in der abgesehen von einem Surfhostel, einem Hotel und einem winzigen Dorf nichts existiert. Surfen ist im Kommen in China, ließen wir uns sagen. Besagtes Hostel beherbergt im Januar zahlreiche Surfer, die zum Hainan Wanning Riyue Bay International Surfing Festival in die Bucht reisen. Natürlich mussten Annalena und ich das Surfen bei der Gelegenheit auch probieren – und zugeben, dass es leichter aussieht, als es ist.
Nach zwei Tagen dort, ging es 14 Stunden weg von den weißen Stränden, den Mangos und Kokosnüssen an jeder Ecke und hinein in die vernebelte Berglandschaft um Guilin. Ein Floß aus unechtem Bambus (das heißt: aus Plastik) brachte uns auf demselben Weg den Li River hinunter, den anscheinend auch schon Bill Clinton gefahren ist. Wir trieben vorbei an den "very famous" Nine Horse Mountains (man kann sich bei dieser Beschreibung übrigens nicht immer sicher sein, ob es sich auch wirklich um eine Attraktion handelt, da hier so ziemlich alles als "very famous" bezeichnet wird) bis zu besagtem Xing Ping Village. Oben auf einem dieser Berge gibt es nichts anderes mehr als Hügel, die in der Ferne im Nebel verschwinden und die Frage, wie eine so zufällige Platzierung und Form entstehen konnte.
Weiter ging es per Bus bis nach Yangshuo, der bisher touristischsten Stadt, die ich in China gesehen habe. Ein Tag unterwegs mit dem Fahrrad und eine Felssteilwand zum Klettern machte es uns jedoch leicht, die Menschenmassen in der Hauptstraße zu vergessen. Kulinarisch kommt man dort definitiv auch auf seine Kosten – Minischnecken und eine Vielzahl an Fischen, alle noch lebend, bevor man sie sich aussucht, es fehlt an nichts.
Mittlerweile sind wir wieder zurück in Shanghai. Am Bund stehend, mit Blick auf die beeindruckende Skyline von Pudong, fällt es mir manchmal schwer zu glauben, dass ich wirklich in China bin. Dreht man sich um, Richtung Puxi, der westlichen Seite des Huangpu-Flusses, und läuft ein Weilchen sieht es schon anders aus. Es begegnen einem die erwarteten Streetfood-Stände und winzigen Gassen.
Shanghai ist eine Mischung zwischen dem Westen und China, das merkt man an jeder Ecke. Es gibt zahlreiche Orte, in denen man sich ganz und gar nicht als Ausländer fühlt, weil dort alles ausländisch, neu und modern ist. Biegt man zwei, drei Mal ab, kann man sich aber schnell in einer anderen Welt wiederfinden, in der man plötzlich eine Attraktion ist. Dieser Eindruck wird verstärkt durch Dinge wie Promoter Partys, was bedeutet, dass man als "West-ler" weder Eintritt noch Getränke bezahlt, wenn man einen "Guy" für den Club hat – und die sind überall auf der Suche nach Internationals. An der Uni merkt man den Unterschied ebenfalls deutlich: Wo sonst auf der Welt wäre es schon normal, dass man die Bücher für den Unterricht nicht kauft oder in der Bibliothek liest, sondern komplett (raub-)kopiert bekommt - "chinese style", wie es einer unserer Professoren nannte. Natürlich hat er uns aber auch darauf hingewiesen, dass es erlaubt ist, die Bücher im Original zu kaufen – wenn wir denn dafür wirklich unser Geld ausgeben möchten.
Für mich gibt es Dinge hier, an die ich mich, denke ich, nie gewöhnen könnte, wie die Internetzensur, die Luft oder den Fakt, dass man während der Rush Hour in der U-Bahn wirklich das Gefühl hat, man erstickt gleich, während um einen herum alle in Ruhe Zeitung lesen oder Serien auf ihren Handys schauen. Aber genauso gibt es unzählige Sachen, an die ich mich leicht gewöhnt habe und die ich sofort mochte – darunter vor allem die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen und das Essen, aber ehrlich gesagt auch die lustigen Übersetzungen, die man überall sieht, weil sie einen immer schmunzeln lassen.
Mein Fazit: Vier Monate sind bei Weitem zu wenig, um dieses Land zu verstehen, aber sie sind bisher eine wunderschöne Zeit, um es zu versuchen.